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Coandǎ-Effekt - Warum Wasser und Luft nicht geradeaus fließen

Vielleicht kennst du eines der Experimente, die ich hier vorstelle. Dass die Erklärung für diese Experimente der Coandǎ-Effekt ist, ist weniger bekannt. Der Effekt ist auch die Erklärung für Tropfen, die nach dem Ausgießen an einem Flaschenhals herunterlaufen.

Inhaltsverzeichnis:

Was ist der Coandǎ-Effekt?

Der Coandǎ-Effekt beschreibt das Verhalten einer Flüssigkeit (Wasser) oder eines Gases (Luft) entlang einer gekrümmten Fläche. Eine Gekrümmte Fläche ist zum Beispiel eine Flasche, ein Ball oder auch die Tragfläche eines Flugzeugs.

Man würde erwarten, dass ein Gas in Fließrichtung weiterströmt, wenn es ein Hindernis passiert. Ist das Hindernis gekrümmt, so fließt das Gas jedoch entlang der gekrümmten Linie. Das kommt daher, dass das ankommende Gas die Luft hinter der Krümmung verdrängt. Es entsteht ein Unterdruck und das Gas füllt den entstehenden leeren Raum aus. Flüssigkeiten verhalten sich genauso.

Der Coandǎ-Effekt ist leicht zu verwechseln mit dem Bernouille-Effekt und der Van-der-Waals-Wechselwirkung. Es gibt durchaus auch Überschneidungen und die Abgrenzung ist nicht einfach.

Der Effekt wurde 1910 vom rumänischen Physiker und Luftfahrttechniker Henri Marie Coandǎ entdeckt. Er entwickelte einen neuen Flugzeugtyp mit Strahlantrieb. Die Entwicklung schlug fehl, Schuld war der nach ihm benannte Coandǎ-Effekt.

Experiment: Löffel und Wasserhahn

Bei diesem Experiment wird der Coandǎ-Effekt besonders gut sichtbar. Der Wasserstrahl bewegt sich entlang der gekrümmten Oberfläche des Löffels.

Du brauchst:

Und so gehst du vor:

  1. betätige den Wasserhahn
  2. halte den Löffel wie auf dem Foto gegen den Wasserstrahl
  3. das Wasser fließt entlang der gekrümmten Oberfläche des Löffels
Halte den Löffel wie auf dem Foto in den Wasserstrahl
Halte den Löffel wie auf dem Foto in den Wasserstrahl

Warum folgt das Wasser der Krümmung des Löffels?

Hältst du die Rückseite eines Löffels unter einen Wasserstrahl, so folgt der Strahl der Krümmung der Oberfläche des Löffels.

Das Wasser fließt schnell aus dem Wasserhahn. An der Stelle, an der es den Löffel berührt entsteht ein Unterdruck. Dieser Unterdruck sorgt dafür, dass der Wasserstrahl an die Oberfläche des Löffels gezogen wird. Der Wasserstrahl folgt der Oberfläche, bis er sich ablöst und in einer Krümmung (der Krümmung des Löffels folgend) weiterfließt.

Experiment: Tischtennisball und Föhn

Ein sehr einfaches Experiment, mit dem man auch junge Forscher begeistern kann. Lass dir bei der Benutzung des Föhns von einer erwachsenen Person helfen.

Du brauchst:

Und so gehst du vor:

  1. schalte den Föhn ein
  2. dreh den Föhn so, dass der Luftstrom nach oben zeigt
  3. positioniere den Tischtennisball in der Mitte des Luftstroms
  4. jetzt kannst du den Föhn vorsichtig kippen - wie weit kannst du den Föhn kippen, bevor der Tischtennisball herunter fällt?
Halte den Föhn senkrecht nach oben, schalte ihn ein und positioniere einen Tischtennisball im Luftstrom
Halte den Föhn senkrecht nach oben, schalte ihn ein und positioniere einen Tischtennisball im Luftstrom

Vorsicht: Tischtennisbälle sind mit Luft gefüllt. Erhitzt sich die Luft, dehnt sie sich aus. Wenn der Ball zu heiß wird, kann er platzen. Wenn dein Föhn eine Kälte-Taste hat, benutzt du sie am besten.

Das Experiment funktioniert auch mit dem Gebläse eines Staubsaugers oder eines Luftreinigers und einem Luftballon.

Warum schwebt der Tischtennisball?

Der Föhn bläst die Luft in einem schnellen Luftstrom nach oben. Dadurch wird ein niedrigerer Luftdruck als in der Umgebungsluft erzeugt. Versucht der Ball den Luftstrom seitlich zu verlassen, wird er vom höheren Luftdruck der Umgebung zurück gedrückt.

Gleichzeitig strömt durch den Coandǎ-Effekt die Luft an der gekrümmten Oberfläche des Tischtennisballs entlang. Bewegt sich der Ball, strömt die Luft nicht mehr gleichmäßig an ihm entlang. Der Luftstrom zieht den Tischtennisball sozusagen in die Mitte, damit die Luft gleichmäßig strömen kann.

Und der Luftstrom erzeugt einen Auftrieb, der das Gwicht des leichten luftgefüllten Tischtennisballs ausgleichen kann. Der Tischtennisball schwebt.

Experiment: Kerze und Flasche

Wie pustet man eine Kerze aus, ohne sie zu sehen? Das Experiment eignet sich auch gut als Zaubertrick.

Du brauchst:

Und so gehst du vor:

  1. positioniere die Kerze von dir aus hinter der Flasche
  2. zünde die Kerze an
  3. puste auf der gegenüberliegenden Seite der Kerze gegen die Flasche
Positioniere eine Kerze hinter einer Flasche und puste auf der gegenüberliegenden Seite gegen die Flasche
Positioniere eine Kerze hinter einer Flasche und puste auf der gegenüberliegenden Seite gegen die Flasche

Warum kann ich die Kerze hinter der Flasche auspusten?

Pustet du kräftig genug auf die Flasche, so folgt deine Luft der gekrümmten Oberfläche der Flasche. Die Luft teilt sich auf und strömt eng an den Seiten der Flasche entlang. An der Stelle, an der sich die Luftströme wieder treffen, steht die Kerze. Durch das Aufeinandertreffen der Luftströme kommt es zu Turbulenzen, die stark genug sind, die Flamme der Kerze zu löschen.

Tropffreies Ausgießen - Tägliche Anwendung des Coandǎ-Effekts

Neben der Luftfahrt und Lüftungstechnik sorgt der Coandǎ-Effekt auch dafür, dass beim Ausgießen einer Flüssigkeit aus einem Gefäß nichts tropft. Du kennst das vielleicht von Kaffeekannen oder Glasflaschen: Beim Ausgießen bleibt immer ein Tropfen übrig, der dann am Rand hinunterfließt. Grund dafür ist der Coandǎ-Effekt. Die Flüssigkeit folgt der Krümmung des Ausgusses.

Tropffreies Ausgießen ist mit einem speziell geformten Ausguss möglich. Dieser muss eine scharfe oder spitz zulaufende Kante haben, damit die Flüssigkeit nicht der Krümmung des Ausgusses folgen kann. Viele Kannen haben deshalb speziell geformte Tüllen.

Text, Fotos, Bilder: Katrin Reinheimer, 23.5.2025